Jemen
Hilfe inmitten zunehmender Not

Situationsreport
Der über zehn Jahre andauernde Konflikt im Jemen hat die ohnehin schon katastrophale humanitäre Lage im Land erheblich verschlechtert, insbesondere im Jahr 2024. Die durch den Nahostkonflikt eskalierten Kriegshandlungen verursachten weitreichende Zerstörung der Infrastruktur und einen bedauerlichen Verlust von Menschenleben. Dies verschlimmerte die bereits schreckliche wirtschaftliche Situation und erhöhte die Armut und die Hungersnot noch weiter.
Laut offiziellen Zahlen leben 4 von 5 Menschen im Jemen in multidimensionaler Armut. Das Land hat ein alarmierend hohes Hungerniveau und belegt den 126. Platz von 127 im globalen Hungerindex 2024. Mehr als 19,5 Millionen Menschen im Jemen leiden unter Hunger, da die Preise für Grundnahrungsmittel ständig steigen. Die meisten Menschen haben keine Einkommensquelle mehr. Um zu überleben, sind nun selbst gebildete Menschen wie Lehrer und sogar Universitätsprofessoren gezwungen, sich der Armee oder Milizen anzuschliessen, da dies die einzigen Arbeitgeber im Land zu sein scheinen, die noch Gehälter zahlen.
In der aktuellen Situation sind Frauen, Kinder, Binnenvertriebene, Menschen mit Behinderungen, Migranten und Flüchtlinge sowie ethnische und religiöse Minderheiten am stärksten betroffen und ohne Hilfe oder Schutz sind sie verletzlicher denn je. Traurigerweise bewirken drastische finanzielle Kürzungen bei internationalen Hilfsorganisationen, dass kritische Programme erheblich zurückgefahren werden müssen, wodurch Millionen von Menschen ohne lebensrettende Unterstützung bleiben. Die Menschen im Jemen sehnen sich nach Hilfe und danach, dass der Konflikt endlich ein Ende findet.
Durchführung Projekte
Im fortwährenden Bestreben, die Not der bedürftigen Bevölkerung im Jemen zu lindern, leistete Anugerah im Jahr 2024 in enger Zusammenarbeit mit lokalen Partnern umfangreiche Hilfe in verschiedenen Regionen des Landes. Im Bewusstsein, dass Notlagen Menschen unterschiedlich betreffen, ist Anugerah bestrebt, diejenigen zu unterstützen, die am schwersten betroffen sind, und ihnen ein Leben in Würde zu ermöglichen.
Die Initiativen von Anugerah konzentrierten sich auf die Nothilfe für Binnenvertriebene, Witwen, Waisen, ältere Menschen, Kinder und Säuglinge, Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten sowie Mitglieder marginalisierter Minderheiten wie den Muhammasheen bzw. Achdam/Abeed. Der Verein Anugerah bot Unterstützung durch die Bereitstellung von Lebensmittelpaketen, medizinischer Notfallhilfe, sauberem Wasser und Bildungsförderung für Schulkinder, Studierende, Lehrkräfte und Eltern. Insgesamt konnten die Projekte von Anugerah mehr als 55’000 Menschen im Land erreichen und unterstützen. Unser Dank gilt all jenen, die sich vor Ort unermüdlich für das Wohlergehen der leidenden jemenitischen Bevölkerung einsetzen und dabei oft erheblichen Gefahren ausgesetzt sind.

1. Trinkwasser- und Lebensmittelversorgung
Nach Einschätzungen der Vereinten Nationen sind über 60 % der Todesfälle im Jemen in den letzten 5 Jahren auf fehlenden Zugang zu Nahrung, Wasser oder Medizin zurückzuführen. Der Krieg hat zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch geführt, der die Armut verschärft und die Anfälligkeit für Krankheiten erhöht hat. Anugerah hat daher die Bereitstellung von Lebensmitteln und sauberem Wasser priorisiert. In 7 Provinzen verteilten lokale Partner regelmässig Lebensmittelpakete an mehrere Zehntausend der ärmsten Familien.
Der Jemen gehört zu den wasserärmsten Ländern der Welt und der Zugang zu Wasser ist durch den Konflikt zusätzlich stark eingeschränkt. Laut dem aktuellen Humanitarian Needs Overview der Vereinten Nationen benötigen 17,4 Millionen Jemeniten, von denen über 50 % Kinder sind, Unterstützung, um ihre grundlegenden Bedürfnisse an Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene (WASH) zu decken, was einem Anstieg von 13,7 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dieser Mangel an sauberem Wasser trägt zu einer hohen Verbreitung vermeidbarer Krankheiten wie Cholera bei. Um dem Mangel an sauberem Wasser entgegenzuwirken, installierte Anugerah in besonders betroffenen Gebieten Regenwassergewinnungsanlagen, Filter und Wasseraufbereitungssysteme für mittellose Haushalte. Dies ermöglichte den Empfängern Zugang zu sauberem Wasser, verhinderte Krankheiten und gab Kindern und Frauen mehr Zeit für Schulbildung und Familie, da für sie der tägliche Weg zum weit entfernten Wasserbrunnen entfiel.

2. Medizinische Nothilfe
Auch im Jahr 2024 leistete Anugerah im Jemen medizinische Unterstützung für Binnenflüchtlinge. Die Massnahmen umfassten Verteilung von Hygienepaketen, medizinische Versorgung von Notfallpatienten sowie psychologische Hilfe für traumatisierte Personen. Der anhaltende Bürgerkrieg hat leider einen erheblichen Teil der medizinischen Infrastruktur im Land zerstört oder unbrauchbar gemacht. Anugerah hat sich daher verpflichtet, in diesen herausfordernden Zeiten wo nötig essenzielle Notfallversorgung bereitzustellen, um die lebensnotwendigen Bedürfnisse der Bevölkerung zu decken und die Auswirkungen des Konflikts zu mildern.

3. Notunterkünfte: Flüchtlings- und Waisenhilfe
Anugerah stellte im Rahmen ihrer humanitären Bemühungen im Jemen auch Unterkünfte für Binnenvertriebene bereit. Die Massnahmen wurden unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse der Betroffenen durchgeführt, um eine gezielte und effektive Hilfe zu gewährleisten. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf der Unterstützung von Waisen, die im Zuge des Bürgerkriegs ihre Eltern verloren haben und ohne erwachsene Bezugsperson sind. Anugerah hat sich verpflichtet, diesen besonders schutzbedürftigen Kindern eine sichere Unterkunft und die notwendige Unterstützung zu bieten, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern und ihnen eine stabile Zukunftsperspektive zu ermöglichen.

4. Schule und Ausbildung
Anugerah ermöglichte 2024 in mehreren Provinzen zahlreichen Waisen sowie anderen kriegsbetroffenen Kindern und Jugendlichen den Schulbesuch. Der Krieg hat viele Schulen zerstört und Familien vertrieben, was zu hohen Raten der Kinderarbeit, Kinderehen und Rekrutierung von Kindersoldaten geführt hat. Eine ganze Generation droht, traumatisiert und ohne Bildung aufzuwachsen. Um dieser Notlage zu begegnen, unterstützte Anugerah in Zusammenarbeit mit lokalen Behörden den Aufbau und die Renovierung mehrerer Schulen. Zudem förderte Anugerah die Fortbildung von Lehrkräften und bot Berufsausbildungen für Erwachsene an, um die Bildungsinfrastruktur nachhaltig zu stärken.
Projektfazit
Im Jahr 2024 forderte der Bürgerkrieg im Jemen weiterhin zahlreiche Opfer. Zusätzlich wurde die Lage durch den eskalierenden Konflikt im Nahen Osten weiter verschärft. Durch enge Zusammenarbeit mit lokalen Partnern und dank grosszügiger Unterstützung konnte Anugerah in verschiedenen Bereichen entscheidende Hilfe leisten. Über 55’000 Menschen profitierten von dieser Unterstützung, was Anlass zu grosser Dankbarkeit gibt. Inmitten der schweren Krise gelang es Anugerah, Hoffnung zu spenden, Krankheiten zu lindern und Zuversicht für eine bessere Zukunft zu wecken. Mit Dankbarkeit für das Erreichte und für die unermüdliche Entschlossenheit ihrer wertvollen lokalen Partner wird Anugerah angesichts der fortbestehenden Not soweit als möglich die Herausforderungen weiterhin anpacken und der notleidenden Bevölkerung im Jemen zur Seite stehen.
Projekt unterstützt vom Lotteriefonds Kanton Bern
